Eine weitere Anerkennung beim Concrete Design Competition 2017/18 ging an Mirco Wieneke von der TU Berlin (ETH Zürich). Sein Entwurf für eine Kunstbibliothek in Zürich überzeugt die Jury als präzise durchgearbeitetes Hochbauprojekt, das sich städtebaulich und gestalterisch hervorragend in seinen Kontext einfügt und durch geschickte Lichtführung Innenräume mit hoher Aufenthaltsqualität schafft. Der unterschiedliche Einsatz von Beton im Innen- und Außenraum mit verschiedenen Farbigkeiten und Oberflächenstrukturen stellt einen gelungenen Beitrag zum Wettbewerbsthema TACTILIY dar.
Auf einem steil ansteigenden Grundstück in unruhiger, heterogen bebauter Umgebung findet der schmale Baukörper mit seinem eigenwillig geformten Dach eine klare, eigenständige Position. Er stellt die höher gelegene Kirche frei und schafft einen Treppenaufgang auf deren Niveau, auf dem auch der Zugang zur Bibliothek angeordnet ist. Die verschiedenen Funktionen des Hauses liegen in drei Einheiten übereinander: Das öffentliche Erdgeschoss beherbergt einen Buchladen und ein Café, darüber befinden sich 2 Magazingeschosse, und ab dem 3. OG folgen auf 3 Ebenen die Bibliothek und der Lesesaal. Dieser wird durch ein nach Norden ausgerichtetes Sheddach belichtet. Geschickt gesetzte Lufträume führen das so einfallende Licht auch in den darunter liegenden Freihand- und Arbeitsbereich.
Die Erscheinung und die innere Atmosphäre des Hause werden vom Material Beton geprägt: Innen sind an den Wänden und Decken die Oberflächen der tragenden Stahlbeton-Konstruktion sichtbar belassen. Im Kontrast dazu stehen Böden und Möbel in Eichenholz. Außen ist das Gebäude mit vorgehängten Betonfertigteilen verkleidet, die sich bis über die Dachflächen ziehen. Bis auf wenige Öffnungen sind die Fassaden geschlossen und drücken so die introvertiere Haltung eines „Speichers“ für Bücher aus. Die Fassadenelemente greifen die gelblich-beige Farbigkeit und die horizontale Gliederung des angrenzenden Kirchenbaus auf und übersetzen diese in eine eigene Sprache: Sie besitzen eine feine, durchgehende Rillenstruktur, die an die Ansicht eines Bücherstapels erinnern soll und gleichzeitig das Herauswachsen des Bauwerks aus dem Terrain thematisiert. Über die 6 Geschosse nach oben hin immer breiter und flacher werdend, erzeugen die Rillen je nach Tageszeit und Betrachtungswinkel ein interessantes Lichtspiel und einen natürlichen Verlauf über die Fassaden. Ihr unten raues Relief verliert sich zum Dach hin in einer fast glatten Fläche.
In dieser fein durchdachten Struktur der Fassaden, der unterschiedlichen Haptik der Betonoberflächen im Inneren und Äußeren des Gebäudes und dem Zusammenspiel mit anderen Materialien sieht die Jury einen sehr gelungenen Beitrag zum Wettbewerb.