Anfang September kamen die Gewinner des diesjährigen Concrete Design Competition METAMORPHOSIS aus den verschiedenen am Wettbewerb beteiligten Ländern zur internationalen Masterclass in Berlin zusammen. Eine Woche lang experimentierten die 27 Studierenden und Absolventen aus Belgien, Irland, Spanien, Frankreich, Portugal, Deutschland und der Türkei in der eindrucksvollen Kulisse der Peter-Behrens-Halle der TU Berlin mit Infraleichtbeton und entwickelten Prototypen seriell einsetzbarer Fassadenelemente.
Gastgeber der Masterclass, die nach Rotterdam, Dessau, Antwerpen, Istanbul, Maastricht und Dublin nun zum zweiten Mal in Deutschland stattfand, waren das InformationsZentrum Beton und die Fachgebiete ‚Entwerfen und Konstruieren – Massivbau‘ sowie ‚Baukonstruktion und Entwerfen‘ der TU Berlin. Und so war schon der Auftakt zum Workshop vielversprechend und setzte hohe Maßstäbe für die anstehenden Aufgaben: Nach der Begrüßung durch Ulrich Nolting vom InformationsZentrum Beton und Prof. Mike Schlaich stellten Dr. Alex Hückler und Prof. Matthias von Ballestrem die Arbeit der beiden Fachgebiete zum Forschungsschwerpunkt Infraleichtbeton vor: In interdisziplinären Projekten untersuchen und entwickeln Bauingenieure und Architekten die technologischen Entwicklungsmöglichkeiten und gestalterischen Potentiale dieses zukunftsweisenden, hochwärmedämmenden Betons.
Genug Inspiration also für die 27 Masterclass-Teilnehmer, die nun an diesem eindrucksvollen Ort in gemischten Gruppen unter der Leitung des niederländischen Architekten und Kurators Siebe Bakker Prototypen seriell einsetzbare Fassadenelemente aus Infraleichtbeton entwickeln sollten. Dabei wurden sie von verschiedenen Experten wie Dr. Arndt Goldack vom Lehrgebiet Massivbau, Wolfgang Schäfer und Markus Brunner vom InformationsZentrum Beton und Gregor Zimmermann (G.tecz Engineering) unterstützt. Ein Werkvortrag von Frank Barkow (Barkow Leibinger) gab Einblicke in die architektonische Anwendung von Infraleichtbeton im Geschosswohnungsbau und die gestalterischen Möglichkeiten des variierenden Einsatzes seriell vorgefertigter Fassadenteile.
Die Modedesignerin Marije Kampfraath half den Teilnehmern beim Umgang mit der Nähmaschine. Dieses für die Arbeit mit Beton ungewöhnlich erscheinende Werkzeug diente der Herstellung textiler Schalungselemente aus Gewebeplane, deren Potentiale für die Herstellung komplexer Formen experimentell erforscht wurden.
Nach zahlreichen Versuchen, bei denen sich die Studierenden mit den Material- und Verarbeitungseigenschaften des Werkstoffs und der flexiblen Schalung vertraut machten, konnten am Ende der Woche verschiedene Prototypen im Maßstab 1:5 ausgeschalt werden. In kurzen Abschlusspräsentationen stellten die einzelnen Gruppen ihre Arbeitsprozesse dar und veranschaulichten die Einsatzmöglichkeiten ihrer individuellen Fassadenmodule an Gebäuden.
Dabei wurde deutlich, wie wichtig der praktische Umgang mit dem Material für den Gestaltungsprozess ist. „Im Studium lernt man den Werkstoff meist nur in der Theorie kennen. Hier bei der Masterclass habe ich zum ersten Mal wirklich mit Beton gearbeitet und gesehen, wo die Potentiale, aber auch die Grenzen in der Verarbeitung liegen. Das sind wichtige Erfahrungen für das zukünftige Entwerfen“, resümiert Lukasz Rubnikowicz, der kürzlich seinen Abschluss an der RWTH Aachen gemacht hat. „Es war super, wieder handwerklich zu arbeiten – nicht nur mit dem Kopf und dem Computer. Wir haben viel ausprobiert, zwischendurch skizziert, Fehler gemacht und aus ihnen gelernt. So hat sich aus dem Experimentieren mit dem Material das gestalterische Konzept entwickelt. Probieren geht eben manchmal über Studieren“ ergänzt Virginia Clasen, die ihr Architekturstudium an der Düsseldorfer Peter Behrens School of Arts abgeschlossen hat, und sich – nicht nur wegen des gleichen Namensgebers – bei der Masterclass gleich wohlgefühlt hat: „Wir haben es genossen, an einem so tollen Ort mit Studierenden aus verschiedenen Ländern zu arbeiten, mit unterschiedlichem fachlichem Hintergrund, Erfahrungshorizont und Interessen; zusammen ein Konzept zu entwickeln und eine gemeinsame Sprache zu finden.“
Fotos: bureaubakker