Jens Renneke von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickelte für den Wettbewerb des Concrete Design Competition 2014/15 einen dreidimensionalen Beton-Knotenpunkt als 1:1- Prototypen: CONCRETE NODE
Die Arbeit zeigt eine interessante und überraschende Herangehensweise an ein sperriges Thema – Schalungen für Betonbauteile. Sie entwickelt mit einem textilgeschalten Prototypen eines dreidimensionalen Betonknotenpunkts einen beindruckenden Beitrag für den Wettbewerb, in dem die Jury großes Potential sieht.
Beton kann in nahezu jeder Form aushärten – die Grenze des wirtschaftlich Machbaren setzt meist die Schalung, die bei komplexen Bauteilformen wie Knotenpunkten oder Baumstützen in aufwändiger Handarbeit aus Holz oder Polystyrol hergestellt werden muss. Die Suche nach Alternativen war Ausgangspunkt der Arbeit, die sich intensiv mit den Möglichkeiten textiler Schalungssysteme auseinandersetzt. Sehr überzeugend ist die Grundidee, dreidimensionale Formen durch Abwicklung in einzelne ebene Flächen aus zweidimensionalen Stoffen zu erzeugen – nach dem klassischen Schnittmuster-Prinzip, mit dem auch Kleidung genäht wird. Es entstehen vorkonfektionierte, leicht transportable textile Schalungen, die mit einer simplen Hilfskonstruktion aufgestellt und mit selbstverdichtendem ultrahochfestem Beton gefüllt werden und so eine kluge Alternative zu bisherigen Herstellungsweisen bieten. Grundsätzlich als verlorene Schalung klassifiziert, könnte sie bei kraftschlüssiger Verbindung auch als Schutzschicht gegen Umwelteinflüsse auf der Betonoberfläche verbleiben.
Interessant an der Arbeit ist zudem, dass das Prinzip in unterschiedlichen Maßstäben einsetzbar ist und dadurch ein breites Möglichkeitsspektrum erschließt – neben freigeformten Stützen als lastabtragende Elemente für Decken und Dächer sind z. B. auch Masten für Tragseilbrücken vorstellbar. Sehr fundiert wird die Forschungs- und Entwicklungsarbeit dargestellt, die der Herstellung des gezeigten Prototypen vorausging: Nach einer Auseinandersetzung mit den „hanging models“ von Antonio Gaudi, Heinz Isler und Frei Otto führte der Entwurfsverfasser intensive Analysen vorhandener Schalungssysteme und möglicher als Schal-Haut einsetzbarer Textilien durch. Die Material-Experimente prüften verschiedene Gewebe, Strickwaren, Vliesstoffe und Folien u.a. auf Elastizität bzw. Formbeständigkeit, Wasserdurchlässigkeit und Absorptionseigenschaften sowie die Qualität der entstehenden Betonoberflächen. Die Schalung für den Prototypen – eine schlanke, geschosshohe Baumstütze mit drei Ästen im Winkel von 120 ° – entstand nach einem sechsteiligen Schnittmuster aus einem Markisenstoff aus Acryl. Eine Hilfs-Konstruktion mit Boden- und Deckplatte sowie höhenverstellbaren Stützen ermöglichte ein „Nachspannen“ während des Betonierens, wodurch die Dehnung des Stoffes ausgeglichen und Durchbiegungen sowie Falten an den Verbindungspunkten verhindert wurden. Die Durchlässigkeit des Stoffes ließ überschüssiges Wasser und mögliche Lufteinschlüsse entweichen.
Die Jury sieht in der gezeigten Entwicklung textiler Schalungssysteme eine materialeffiziente und zukunftsfähige neue Lösung für die Herstellung freigeformter Betonbauteile. Die textile Schalung erzeugt amorphe, teils auch zufallsgesteuerte Formen, die mit herkömmlichen Herstellungsprozessen nur schwer zu erreichen sind. Das Konzept sollte weiterentwickelt werden, gerade weil konkrete Anwendungsmöglichkeiten noch unerforscht sind.