Anfang Oktober haben wir über ein Beton-Zelt, ein Projekt zweier ehemaliger Teilnehmer des Studenten-Wettbewerbs „Concrete Design Competition“ berichtet, die aus ihrer damaligen Wettbewerbs-Idee ein marktfähiges Produkt entwickelt haben. Mit ihrem Material „Concrete Canvas“ – also Leinwand-Beton – hat sich auch Florian Schmid aus München beschäftigt. In seiner Bachelor-Arbeit im Fachbereich Design der Hochschule für angewandte Wissenschaften hat er – nun ja – platt gesagt: sich ein paar Betonhocker genäht. Vom 1. bis 3.12.2011 wird er diese im Rahmen der Inno Design Tech Expo und der Business of Design Week in Hong Kong zeigen. Vom 16. bis 22. Januar 2012 kann man seine Arbeit dann auch in Deutschland sehen – und zwar auf der imm cologne beim D3 Talents Award, für den Florian nominiert ist. Wir sprachen mit Florian über seine Arbeit und seine Pläne nach dem Studium.
Wie um alles in der Welt kommt man auf die Idee, Hocker zusammen zu nähen?
Das liegt eigentlich gar nicht so weit entfernt, wie man zuerst denken mag. Betrachtet man die Betonleinwand als Stoff, aus dem man Möbel gestaltet und nicht als Beton, so denkt man darüber nach, wie man Stoffe miteinander verbindet und in Form bringt. Für mich war sofort klar, die Matten zu vernähen. Ich habe mich dann viel mit Origami, Schnittmustern und anderen Falttechniken beschäftigt, um einen besseren Zugang zum Material und dessen möglicher Verarbeitung zu finden.
Wie viel Arbeit steckt in so einem Betonhocker?
In dem ganzen Projekt steckt ca. ein halbes Jahr Arbeit. Also angefangen von den ersten Ideen und dem Kennenlernen des Materials bis hin zu den Prototypen, wie man sie momentan sehen kann. Der Zeitrahmen wurde mir praktisch vorgegeben, da dieses Projekt auch zugleich meine Bachelor-Abschlussarbeit an der Hochschule München war.
Wie entsteht er?
Jeder der Hocker hat ein bestimmtes Schnittmuster, das ich mit einer Schablone auf die Betonrollen übertrage und dann ausschneide. Nachdem die Ecken umgenäht sind, nähe ich die Schnittmuster an den Seiten und den Sitzflächen mit einem Seil zusammen. Als Stützhilfe nehme ich dazu ein Holzgerüst, auf dem der Stoff auf Rundhölzern hängt; so fällt er nicht in sich zusammen. Am Ende wird das Material ausgiebig bewässert. Dieser Vorgang wird zwei- bis dreimal im Abstand von jeweils einer Stunde wiederholt. Nach 24 Stunden ist der Hocker ausgehärtet und wird ein letztes Mal gereinigt.
Gab es Schwierigkeiten bei der Projektabwicklung oder ist auch mal so richtig was schief gegangen?
Das Besondere bei diesem Projekt war die Herausforderung mit einem total neuen Material etwas zu gestalten. Keiner weiß, wie man es genau verarbeiten kann bzw. vernähen. Ich habe zum Beispiel rund 20 verschiedene Nadeln ausprobieren müssen, bis ich die richtige hatte, die auch durch das Material ging. Ich musste also alle Verarbeitungsschritte selbst erarbeiten. Da gibt es natürlich auch Rückschläge. Doch das war gleichzeitig auch das Spannende und Fordernde an diesem Projekt.
Wie viele Hocker gibt es? Hast du auch noch andere Möbel entworfen? Und verkaufst du sie?
Es gibt eine erste Serie von Prototypen, die ich für meine Abschlussarbeit entworfen habe.
Ich habe auch noch Ideen für Weiterentwicklungen wie z. B. eine Bank oder einen Barhocker, an denen ich gerade arbeite. Außerdem entwickle ich die ersten Prototypen ständig weiter und stehe schon im Kontakt mit Herstellern. Ich hoffe die Hocker sind bald verkäuflich. Über die Kosten kann ich momentan leider noch nichts sagen.
Hast oder hattest du auch Kontakt zu den Concrete Canvas „Machern“?
Klar, habe ich Kontakt zu den Machern. Zuerst allerdings nur per E-Mail und Telefon. Im Sommer haben wir uns dann auch in London zweimal getroffen und ich habe Ihnen meine Arbeiten vorgestellt. Die Herren von Concrete Canvas waren total begeistert.
Hast du eigentlich auch schon mal am Concrete Design Competition teilgenommen, im Rahmen dessen das Material wohl entstand?
Nein, werde ich aber bestimmt, das klingt sehr interessant.
Wie hast du von dem Material erfahren?
Ich bin während einer Materialrecherche auf Concrete Canvas aufmerksam geworden und war sofort von dem Material, dessen Eigenschaften und der Handhabung begeistert. Gleich einige Tage später habe ich ein „sample pack“ des Materials bestellt, weil ich es einfach nicht glauben konnte, was ich im Werbevideo gesehen hatte. Ich wollte es unbedingt selbst ausprobieren.
Sind Weiterentwicklungen des Materials denkbar?
Auf jeden Fall. Da steckt immer noch eine Menge Potential drin. Ich möchte aber nicht mehr erzählen, da ich weiß, dass die Macher gerade an einer Weiterentwicklung arbeiten.
Hattest du vorab schon mit Beton gearbeitet?
Ja, während eines Modelbauprojekts an meiner Hochschule. Hätte ich Concrete Canvas damals schon gehabt, wäre mein Leichtbau bestimmt stabiler geworden. Es war natürlich viel umständlicher als mit dem neuen High-Tech-Material, aber auch eine sehr lehrreiche Erfahrung.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Zuerst freue ich auf die nächsten Wochen in Hong Kong und die Erfahrungen die ich dort sammeln darf. Danach werde ich auf jeden Fall noch zwei, drei Ideen mit diesem Material umsetzen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass ich mein eigenes Designstudio etablieren kann und so meinen eigenen Ideen nachgehen kann.
Vielen Dank und alles Gute!